Beratung im Aufwind: Big Four kämpfen um Marktanteile im Restrukturierungsgeschäft

Eine aktuelle Analyse enthüllt die unterschiedlichen Wachstumsstrategien der Wirtschaftsprüfungsriesen in einem boomenden Markt für Unternehmenstransformationen.
Personaloffensive als strategische Antwort
Die vier dominierenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften reagieren auf steigende Insolvenzzahlen mit gezielter Personalexpansion. Während KPMG und PwC zweistellige Wachstumsraten verzeichnen, agieren EY-Parthenon und Deloitte mit moderateren Aufstockungen. Die Strategien divergieren jedoch erheblich: EY vollzog kürzlich eine radikale Strukturreform und vereinte sämtliche Strategy & Transactions-Aktivitäten unter der Parthenon-Marke, wodurch ein 1.000-köpfiges Beratungskonglomerat entstand.
Mandatsvolumen: KPMG führt quantitativ
Bei der Fallbearbeitung zeigt sich eine klare Hierarchie: KPMG dominiert mit etwa 150 Restrukturierungsmandaten und positioniert sich als Marktführer im Mittelstandssegment (20 Millionen bis 20 Milliarden Euro Umsatz). EY-Parthenon verdoppelte seine Fallzahl von 50 auf 100 Mandate, während Deloitte konstant bei 50 Fällen verharrte. PwC vermeidet konkrete Zahlen und kommuniziert lediglich die Betreuung "großer relevanter Restrukturierungen".
Sektorale Spezialisierung und Kundenfokus
Die Marktaufteilung erfolgt nach Unternehmensgröße und Komplexität: KPMG bedient die breiteste Spanne vom Mittelstand bis zum Großkonzern, während PwC sich auf internationale Komplexfälle zwischen 500 Millionen und 10 Milliarden Euro konzentriert. EY-Parthenon verzeichnet besonders starkes Wachstum in Automotive und Immobilien, Deloitte fokussiert auf Corporates zwischen 100 Millionen und 2 Milliarden Euro.
Umsatzdynamik reflektiert Marktboom
Die Erlösentwicklung bestätigt die Attraktivität des Segments: Deloitte führt mit 25 Prozent Umsatzwachstum (Vorjahr: 20 Prozent), gefolgt von EY-Parthenon mit über 20 Prozent (Vorjahr: 15 Prozent). PwC kommuniziert zweistelliges Wachstum ohne Präzisierung, während KPMG Umsatzdaten komplett verweigert, jedoch zweistellige Zuwächse bestätigt.
Strategische Personalakquisitionen
Die Rekrutierungsstrategien zeigen unterschiedliche Ansätze: Deloitte integrierte Benjamin Thelen (ex-Accenture) für operative Restrukturierung, EY gewann Maximilian Dressler (Roland Berger) und Christian Wilkens (Iqvia). KPMG verstärkte sich mit Goetzpartners-Experten für Cash-Management, während PwC erstmals eine Partnerin im Restrukturierungsbereich berief.
Wettbewerbsintensivierung und Marktausblick
Trotz etablierter Konkurrenz durch Spezialisten wie Roland Berger, Alvarez & Marsal oder Alixpartners expandieren alle Big Four-Häuser aggressiv. Die Integration von Meritus Business Advisors durch Deloitte signalisiert den Trend zur regionalen Verstärkung. Die Konvergenz von Restrukturierungs-, Transaktions- und Corporate-Finance-Services, exemplarisch bei EY-Parthenon, deutet auf eine ganzheitliche Beratungsphilosophie hin. Die Marktdynamik verspricht weiteres Wachstum: Steigende Unternehmenskrisen, komplexere Transformationsanforderungen und regulatorische Verschärfungen schaffen nachhaltigen Beratungsbedarf. Für die Big Four wird die Differenzierung durch Spezialisierung, internationale Kapazitäten und integrierte Serviceangebote entscheidend für die Marktpositionierung in diesem lukrativen Segment.