Berufsrechtliche Prüfung: Deutsche Anwaltskammern evaluieren US-Kanzleikooperationen mit Trump-Administration

Regionale Rechtsanwaltskammern München und Frankfurt initiierten gemeinsame Untersuchung möglicher Verstöße gegen deutsches Berufsrecht durch amerikanische Sozietäten mit deutschen Niederlassungen.
Anwaltsunabhängigkeit unter politischem Druck
Die Trump-Administration übte in den letzten Monaten systematischen Druck auf US-Wirtschaftskanzleien aus, um Pro-Bono-Leistungen für Regierungsprojekte zu erzwingen. Diese Kooperationsvereinbarungen sollten Sanktionen wie Sicherheitsfreigabenentzug oder Bundesauftragsausschluss abwenden. Nach FAZ-Berichten umfassten die Forderungen auch Unterstützung bei Strafverfolgungsmaßnahmen. Besonders Diversitätsprogramme der Kanzleien gerieten ins Visier der Regierungsmaßnahmen.
Berufsrechtliche Bewertung nach deutschem Recht
Der Deutsche Anwaltverein (DAV) stellte die Frage nach möglichen Verstößen gegen deutsches Berufsrecht, konkret gegen § 1 BRAO und das darin verankerte Unabhängigkeitsgebot der Anwaltschaft. Die RAK München und Frankfurt reagierten mit einer gemeinsamen Stellungnahme zu den "gravierenden berufsrechtlichen Fragen". Anne Riethmüller, Präsidentin der RAK München, charakterisierte die Situation als "besorgniserregenden Angriff auf die Unabhängigkeit der Anwaltschaft".
Differenzierte Rechtsfolgenbeurteilung
Die berufsrechtliche Bewertung hängt von der Organisationsstruktur der betroffenen Kanzleien ab. Bei US-Kanzleien mit deutschen Berufsausübungsgesellschaften erfordert eine Zurechnung des US-Verhaltens zur deutschen Sozietät vertiefte Einzelfallprüfung. Anders bei Zweigniederlassungen: Hier handelt es sich um dieselbe Sozietät, die den US-Deal abschloss und deutschem Berufsrecht unterliegt. Mögliche Sanktionen reichen bis zum Widerruf der Anwaltszulassung.
Faktenbasis für endgültige Bewertung unvollständig
Die Kammern betonten, dass "die konkreten Inhalte und rechtlichen Verpflichtungen aus den Vereinbarungen mit der US-Regierung derzeit nicht vollständig bekannt" seien. Eine sachgerechte Bewertung erfordere eine belastbare Tatsachengrundlage. Berufsaufsichtsverfahren werden gegenwärtig nicht als vorrangige Maßnahmen betrachtet.
Kollektiver Widerstand der Anwaltschaft
Positiv bewerteten die deutschen Kammern die Gegenwehr amerikanischer Sozietäten. Über 800 US-Kanzleien unterzeichneten einen "Amicus-Letter" zur Verteidigung der Rechtsstaatlichkeit. Initiatoren wie Munger Tolles & Olson und Eimer Stahl erhielten Unterstützung von internationalen Kanzleien wie Freshfields und Hausfeld. Erste Gerichtsurteile erklärten die Executive Orders bereits für nichtig.
Internationale Solidarität der Anwaltschaft
Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hatte bereits im März ein Joint Statement unterzeichnet und Solidarität mit der amerikanischen Anwaltschaft bekundet. BRAK-Geschäftsführer Christian Dahns betonte: "Wir haben uns mit Nachdruck gegen die in den USA gegen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte getroffenen Maßnahmen gestellt und dazu aufgefordert, die Unabhängigkeit der Justiz und der Anwaltschaft zu achten."
Präzedenzfall für transnationale Berufsaufsicht
Der Fall etabliert einen wichtigen Präzedenzfall für die extraterritoriale Anwendung deutschen Berufsrechts. Die Untersuchung demonstriert, dass deutsche Aufsichtsbehörden bereit sind, auch bei ausländischen politischen Eingriffen in die Anwaltsunabhängigkeit regulatorisch zu intervenieren. Die finale Bewertung wird richtungsweisend für künftige Fälle politischer Instrumentalisierung der Anwaltschaft durch ausländische Regierungen.