Kopf-an-Kopf-Rennen um Platz 9: Baker Tilly behauptet Führungsposition knapp vor Grant Thornton

22.05.2025
22.05.2025
3 Minuten Lesezeit
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Die WP-Gesellschaft erreicht mit einem Umsatzplus von 14 Prozent ihre Wachstumsziele, während sich am Horizont neue Herausforderungen durch Private-Equity-Investoren abzeichnen.

Wachstumsstrategien im direkten Vergleich

Baker Tilly konnte seinen Umsatz im vergangenen Geschäftsjahr um 14 Prozent auf 250,6 Millionen Euro steigern und verteidigt damit knapp seine Position als Nummer 9 im deutschen Markt. Der direkte Konkurrent Grant Thornton verzeichnete mit 18 Prozent zwar ein stärkeres Wachstum, erreichte mit 249 Millionen Euro jedoch nicht den Umsatz von Baker Tilly. Bemerkenswert ist die parallele Entwicklung: Die jeweiligen Netzwerkgesellschaften beider Häuser in den USA haben Finanzinvestoren an Bord geholt, während Grant Thornton Deutschland bereits einen M&A-Prozess angestoßen und Perella Weinberg Partners mandatiert haben soll.

Baker Tilly positioniert sich zu dieser Entwicklung zurückhaltend: Private Equity sei lediglich eine von mehreren Optionen "um Innovation und Wachstum zu finanzieren". Man habe dies "in der Vergangenheit sehr gut aus eigener Kraft gestemmt" und betrachte dies auch weiterhin als "validen Weg".

Segmentperformance mit Fokus auf Audit & Advisory

Die Hälfte des Gesamtumsatzes entfiel mit 126,4 Millionen Euro auf den Bereich Audit & Advisory – ein Anstieg von 17,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Steuer- und Rechtsberatung erwirtschafteten zusammen 124,2 Millionen Euro (+11,4 Prozent). Eine detailliertere Aufschlüsselung lehnt Baker Tilly mit Verweis auf den "multidisziplinären Ansatz" ab, der eine trennscharfe Aufteilung nach Geschäftsbereichen erschwere.

Strategische Positionierung im Bankensektor

Baker Tillys Positionierung als Bankenprüfer trägt Früchte: Etwa die Hälfte der 44 Mandate bei kapitalmarktorientierten Unternehmen entfällt auf Bankhäuser. Zu den Neuzugängen 2024 zählen das Bankhaus E. Mayer, KEB Bank, GSCF Working Capital Bank, Ten31 Bank sowie die von Skandalen umwitterte "Effenberg-Bank" (VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden). Diese Entwicklung ist Teil einer langfristigen Strategie, sich seit 2009 als Alternative zu den Big Four bei Bankenprüfungen zu etablieren.

Wachstumstreiber und Zukunftsfelder

Neben klassischen Prüfungsmandaten trugen prüfungsnahe Beratungsthemen wie Deal Advisory, ESG, Financial Services und IT & Controls Assurance substantiell zum Wachstum bei. Trotz regulatorischer Vereinfachungen durch die Omnibus-Richtlinie verzeichnet das ESG-Beratungsangebot weiterhin starke Nachfrage. Künftiges Wachstum erhofft man sich durch den Ausbau internationaler Prüfungen, CFO-Services und Cybersecurity.

In der Steuerberatung konzentriert sich Baker Tilly zunehmend auf individuelle Expertenteams für komplexe Fragestellungen. Eine wichtige Rolle spiele dabei der weitere Ausbau des internationalen Geschäfts – allen voran im Bereich US-Tax, erläutert Oliver Hubertus, Managing Partner für Steuerberatung.

Kooperation mit Freiem Genossenschaftsverband als Wachstumsimpuls

Ein strategischer Schritt zur Erschließung neuer Marktsegmente ist die Kooperation mit dem Freien Genossenschaftsverband (FGV), die Baker Tilly Zugang zum bisher geschlossenen Genossenschaftssektor verschafft. "Durch die enge Zusammenarbeit mit dem FGV können wir nun auch Genossenschaften umfassende Beratungs- und Prüfungsleistungen anbieten. Der Fokus liegt dabei auf Kreditgenossenschaften sowie Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften", teilt die Gesellschaft mit.

Für die kommenden Jahre strebt Baker Tilly ein nachhaltiges Wachstum im zweistelligen Prozentbereich an – ob dies reicht, um den ambitionierten Verfolger Grant Thornton weiterhin auf Distanz zu halten, bleibt eine der spannenden Fragen im Markt der Next Six.