Steuerberaterverband warnt vor KI-Profiling: EU-Cloud-Initiative erhält dennoch Unterstützung

24.06.2025
24.06.2025
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Europas Digitaloffensive trifft auf erbitterten Widerstand der Steuerberater – Cloud-Infrastruktur findet dennoch Anklang bei den Praktikern.

Brüssel plant digitale Revolution ohne Rücksicht

Europa will sich von der amerikanischen Tech-Dominanz befreien und baut eine eigene KI-Großmacht auf. Zwei Mammutprojekte stehen im Fokus: „Apply AI Strategy" für Q3 2025 und der „Cloud and AI Development Act". Beide sollen die EU zum globalen KI-Champion machen und Schlüsselindustrien sowie Behörden mit Künstlicher Intelligenz durchdringen. Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. mischte sich in beide Brüsseler Konsultationen ein und machte deutlich: Nicht alles, was technisch möglich ist, darf auch umgesetzt werden.

Steuerfahnder-KI löst Berufsstand-Alarm aus

Während der DStV grundsätzlich pro Innovation argumentiert, schlagen die Alarmglocken bei einem heiklen Punkt: Automatisierte Risikobewertung von Steuerzahlern durch KI-Algorithmen. Diese digitalen Spürhunde könnten Bürger ohne konkreten Anlass ins Visier nehmen und dabei systematische Fehlurteile produzieren. Der Verband fürchtet einen Vertrauenskollaps zwischen Bürgern und Finanzverwaltung. Statt Effizienzgewinn droht ein Überwachungsstaat, der Steuerpflichtige per Algorithmus klassifiziert und verdächtigt.

Industrielle KI-Nutzung erhält Steuerberater-Segen

Jenseits dieser Kritik unterstützt der DStV durchaus verschiedene EU-Vorhaben: Branchenspezifische KI-Anwendungen, digitale Testlabore und Innovationszentren könnten private Investitionen anlocken. Besonders bei Justiz und Verwaltung sieht der Verband enormen Modernisierungsstau. Ein Knackpunkt bleibt die Transparenz: KI-Anbieter müssen ihre Datenschutz-Eigenschaften in simplen Bewertungsrastern offenlegen. Komplizierte Rechtstexte helfen niemandem – gefragt sind verständliche Ampelsysteme.

Cloud-Projekt spaltet die Gemüter

Der europäische Cloud-Aufbau findet grundsätzlich DStV-Unterstützung. Rechenzentren und Edge-Computing sollen die technische Basis für sichere KI-Services schaffen. Steuerberatungskanzleien benötigen leistungsstarke IT-Infrastrukturen für sensible Mandantendaten. Doch die Realität ernüchtert: Bestehende IT-Landschaften lassen sich nicht über Nacht europäisieren. Technische Migrationen kosten Zeit, Geld und Nerven. Der DStV warnt vor übereilten Umstellungen ohne Rücksicht auf praktische Hemmnisse.

Marktplatz-Pläne stoßen auf Skepsis

Brüssels Idee eines zentralen EU-Cloud-Marktplatzes weckt gemischte Gefühle. Während mehr Sichtbarkeit für europäische Anbieter wünschenswert ist, fürchtet der Verband bürokratische Überregulierung. Zusätzliche Compliance-Lasten könnten innovative Unternehmen abschrecken, statt sie zu fördern. Der DStV plädiert für Augenmaß: Innovation fördern ja, aber ohne erdrückende Vorschriften, die den erhofften Fortschritt wieder zunichtemachen.