Lehren aus Credit Suisse-Kollaps: 24-Milliarden-Kapitalpolster kommt zu spät

23.06.2025
23.06.2025
2 Minuten Lesezeit
blog main image

Der Schweizer Bundesrat verschärft systemrelevante Bankenregulierung, doch die Übergangsphase bis 2027 öffnet gefährliche Risikofenster.

Regulatorische Gegenströmung zu Trump-Deregulierung

Während die US-Regierung unter Donald Trump die „supplementary leverage ratio" für acht Großbanken lockern will, zur Vereinfachung der Staatsfinanzierung über Anleihemärkte, wählt Bern den entgegengesetzten Weg. Der Bundesrat fordert erhöhte Eigenkapitalvorschriften für systemrelevante Institute, um „Risiken für den Staat, Steuerzahlende und die Volkswirtschaft" zu minimieren. EU-Regulierungsreformen beschränken sich bislang auf Bürokratieabbau in der Nachhaltigkeitsberichterstattung und Verfahrensverschlankungen. Die Schweiz hingegen zieht konkrete Konsequenzen aus dem Credit Suisse-Debakel 2023.

Kapitalentkopplung isoliert Schweizer Kerngeschäft

Berns Regulierungsoffensive zielt auf fundamentale Konzernarchitektur-Transformation: Internationale Tochtergesellschaften werden bilanziell vom helvetischen Mutterhaus abgeschnitten. Der vollständige CET1-Abzug ausländischer Beteiligungsbuchwerte kreiert faktische Firewall-Strukturen zwischen nationalen und globalen Geschäftseinheiten. Diese Segregationsstrategie reflektiert volkswirtschaftliche Realitäten: 350 Milliarden Franken (372 Milliarden Euro) Schweizer Kreditexposure, also nahezu ein Viertel des nationalen Darlehensmarktes, konzentrieren sich bei der UBS. Die systemische Verflechtung mit zehntausenden Firmenkunden und Privathaushalten perpetuiert die seit 2008 bestehende implizite Staatsgarantie über 72 Milliarden Franken.

Implementation verzögert kritische Schutzwirkung

Beratungshaus Alvarez & Marsal projektiert im Eidgenössischen Finanzdepartements-Auftrag Umsetzungshorizonte zwischen sechs und neun Jahren post-2027. Diese regulatorische Latenz birgt existenzielle Systemrisiken: Finanzmarktturbulenzen folgen keinen behördlichen Implementierungskalendern. Das UBS-Management widerspricht den „extremen Eigenkapitalanforderungen" vehement und quantifiziert den Kapitalbedarf auf 24 Milliarden Dollar (20,8 Milliarden Euro). Die resultierenden Belastungen, jährlich drei- bis vierstellige Millionenbeträge, internalisieren Risikopositionen beim Verursacher statt beim Steuerzahler.

Investoren interpretieren Regulierung als Kompromiss

Die Börsenreaktion signalisierte zunächst Erleichterung: 3,8 Prozent Kurssprung auf 27,88 Franken, inzwischen neutralisiert. Die Erholung von April-Tiefständen unter 22 Franken spiegelt Markterwartungen drastischerer Eingriffe wider. Öffentliche UBS-Kritik eskaliert parallel: Pensionsvernichtende Währungsderivate, exzessive Transfergebühren und institutionelle Hybris nähren gesellschaftliche Ressentiments. Diese Reputationsdefizite intensivieren regulatorischen Handlungsdruck – möglicherweise zu spät für präventive Systemstabilisierung.