Paradigmenwechsel bei Google: KI-Revolution gefährdet eigenes Geschäftsmodell

29.05.2025
29.05.2025
3 Minuten Lesezeit
blog main image

Der Suchmaschinenriese transformiert radikal seine Kernfunktion und riskiert dabei die Kannibalisierung seines profitabelsten Geschäftsbereichs.

Existenzielle Bedrohung durch KI-Assistenten

Sundar Pichai steht vor einer paradoxen Herausforderung: Um Googles Marktdominanz zu verteidigen, muss er das eigene Erfolgsmodell fundamental transformieren. Die wachsende Präferenz der Nutzer für KI-Chatbots wie ChatGPT oder Claude bedroht das traditionelle Suchgeschäft, das 2024 operative Gewinne von 121 Milliarden Dollar generierte. Leo Gebbie von CCS Insights charakterisiert die Situation als "sehr großes Risiko" für den Konzern.

Technologische Neuausrichtung mit System

Der neue "AI Mode" markiert eine komplette Neukonzeption der Internetsuche. Basierend auf dem leistungsfähigsten Google-KI-Modell Gemini 2.5 verwandelt sich die klassische Keyword-Suche in einen intelligenten Assistenten, der komplexe Anfragen wie Städteplanung, Produktvergleiche oder Gesundheitsberatung eigenständig abwickelt. Liz Reid, Chefin des Suchgeschäfts, proklamiert: "Du kannst alles fragen, wirklich alles."

Disruption der etablierten Web-Ökonomie

Die Integration von Live-Kamerafunktionen und personalisierten Kontextdaten revolutioniert Nutzerinteraktionen. Google kann künftig E-Mails, Termine und Präferenzen einbeziehen, um maßgeschneiderte Recherchen durchzuführen und sogar autonome Buchungen vorzunehmen. Diese Entwicklung bedroht Website-Betreiber existenziell: Bereits die Einführung der Vorgängerfunktion "Übersicht mit KI" führte zu dramatischen Besucherzahlenrückgängen bei Content-Anbietern.

Strategische Kannibalisierung als Überlebensstrategie

Googles Transformation ähnelt kostenpflichtigen KI-Assistenten und konkurriert damit mit eigenen Premium-Angeboten wie dem Gemini-Abo. Dies soll verhindern, dass Konkurrenten wie OpenAI oder Microsoft Marktanteile erobern. Demis Hassabis, Chef von DeepMind, bezeichnet die KI-Integration als "herausragenden Moment der Geschichte".

Produktkomplexität als wachsende Herausforderung

Google kämpft mit der Kommunikation seiner expandierenden KI-Produktpalette. Gemini fungiert sowohl als Assistent als auch als Modellbezeichnung, während verschiedene Services wie Project Mariner oder NotebookLM unterschiedliche Funktionsgrade aufweisen. Neue Abo-Modelle wie das 250-Dollar-"Ultra"-Angebot erhöhen die Komplexität zusätzlich.

Hardware-Renaissance: Smartglasses 2.0

Als strategische Überraschung präsentierte Google eine Neuauflage seiner gescheiterten Glass-Brille. In Kooperation mit Samsung und Brillenherstellern wie Warby Parker entstehen alltagstaugliche Prototypen mit Gemini-Integration. Shahram Izadi, Android-XR-Chef, verspricht "Superkräfte" durch kontextuelle Erinnerungsfunktionen und Hologramm-Displays. Der Launch ist für 2026 geplant – eine direkte Herausforderung für Meta-Chef Mark Zuckerberg.

Marktdynamik und Konkurrenzbedrohung

Die Dringlichkeit von Googles Transformation verdeutlicht eine Aussage von Apple-Manager Eddy Cue: Erstmals in 22 Jahren verzeichnete Google rückläufige Suchanfragen aus Safari. Gleichzeitig kündigte Apple alternative KI-Suchoptionen für seine Nutzer an. Diese Entwicklung signalisiert das Ende von Googles quasi-monopolistischer Marktstellung und den Beginn einer neuen Ära des Informationszugangs.

Die radikale Neuausrichtung demonstriert, wie etablierte Tech-Giganten ihre eigenen Geschäftsmodelle opfern müssen, um in der KI-Ära relevant zu bleiben – ein Präzedenzfall für die gesamte Branche.