Amazon entwickelt Roboter-Zustellung: Wenn Maschinen an die Haustür klopfen

Der Handelsriese testet humanoide Roboter für die letzte Meile der Paketzustellung – ein Schritt zur vollständigen Automatisierung der Lieferkette.
Amazons Vision: Roboter übernehmen die Haustür-Zustellung
Amazon arbeitet an einer bemerkenswerten Erweiterung seiner Automatisierungsstrategie: Humanoide Roboter sollen künftig Pakete vom Lieferwagen direkt zur Haustür bringen. Insider-Quellen berichten gegenüber The Information über fortgeschrittene Entwicklungsarbeiten an entsprechender KI-Software, die diese Vision Realität werden lassen könnte. Das Konzept baut auf Amazons bestehende Partnerschaft mit Agility Robotics auf. Deren Digit-Roboter arbeiten bereits seit 2023 in Amazon-Lagern und übernehmen dort spezialisierte Aufgaben wie Recycling-Prozesse. Diese humanoiden Maschinen haben sich als zuverlässig erwiesen – Digit war sogar der erste humanoide Roboter, der dauerhaft bei einem Unternehmen eingesetzt wurde, nämlich beim Logistikdienstleister GXO Logistics.
Testlabor in der Größe eines Cafés
Amazon hat in seinem San Francisco-Standort ein faszinierendes Testlabor eingerichtet – so groß wie ein Café. Dort steht ein elektrischer Lieferwagen von Rivian, Amazons Partner für Elektro-Transporter. In dieser realitätsnahen Umgebung sollen Roboter lernen, Pakete eigenständig vom Fahrzeug zur Haustür zu transportieren. Die Trainingseinheit ist durchdacht: Komplexe Hindernisparcours simulieren alltägliche Herausforderungen beim Paketezustellen. Treppen, Gehwege, Gartenzäune – all das müssen die Roboter meistern. Bereits 2020 hatte Agility Robotics solche Anwendungen als Ziel ausgegeben, berichtete The Verge damals. Nun wird diese Zukunftsvision systematisch erprobt.
Verschiedene Roboter im direkten Vergleich
Amazon testet nicht nur Digit, sondern evaluiert auch andere Modelle wie den deutlich günstigeren Unitree G1 aus China, der rund 16.000 US-Dollar kostet. Diese Strategie macht Sinn: Durch den Vergleich verschiedener Roboter kann Amazon die beste Lösung für seine Bedürfnisse finden und sich nicht von einem einzigen Hersteller abhängig machen. Parallel entwickelt Amazon eigene Innovationen. Erst kürzlich stellte das Unternehmen einen Roboterarm mit Tastsinn vor, der Gegenstände greifen und heben kann. Amazon erklärt dazu gegenüber SiliconValley.com: "Anstelle starrer, spezialisierter Roboter entwickeln wir Systeme, die natürliche Sprachbefehle hören, verstehen und darauf reagieren können. So werden Lagerroboter zu flexiblen, vielseitig begabten Assistenten."
Die Vision: Komplett autonome Lieferung
Amazon denkt groß – und langfristig. Mit der Übernahme des Startups Zoox im Jahr 2020 sicherte sich das Unternehmen Technologien für selbstfahrende Autos. Kombiniert man autonome Lieferwagen mit humanoiden Zustellungsrobotern, ergibt sich ein faszinierendes Szenario: Die komplette Lieferkette vom Lager bis zur Haustür könnte ohne menschliche Beteiligung funktionieren. Ein selbstfahrender Lieferwagen navigiert autonom zum Zielort, ein Roboter steigt aus, holt das Paket und bringt es zur Haustür. Klingt nach Science Fiction? Möglicherweise nicht mehr lange.
Was bedeutet das für die Zukunft?
Die Entwicklung zeigt Amazons konsequente Automatisierungsstrategie auf. Wo andere Unternehmen noch zögern, investiert Amazon massiv in Robotik und KI. Das könnte dem Konzern entscheidende Wettbewerbsvorteile verschaffen: niedrigere Kosten, höhere Effizienz und die Unabhängigkeit von Arbeitszeiten, Urlaub oder Krankheitsständen. Für Kunden könnte das bedeuten: Pakete kommen rund um die Uhr an, Zustellungen werden planbarer und möglicherweise günstiger. Allerdings stellt sich auch die Frage nach den Auswirkungen auf Arbeitsplätze in der Logistikbranche. Amazon hat sich zu den konkreten Plänen noch nicht offiziell geäußert. Doch die Investitionen in Testlabore und Roboter-Software sprechen eine deutliche Sprache: Die Zukunft der Paketzustellung könnte schon bald an unserer Haustür stehen – in Form eines Roboters.