Ausfuhrlieferungen: BMF konkretisiert Nachweisanforderungen

Ein neuer koordinierter Ländererlass präzisiert Ersatznachweise bei fehlenden Ausgangszollvermerken nach EuGH-Rechtsprechung.
Praktische Erleichterungen bei der Nachweisführung
Das BMF hat mit Schreiben vom 1. Juli 2025 die Anwendung der europäischen Missbrauchsrechtsprechung für Ausfuhrlieferungen konkretisiert und dabei den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stärker berücksichtigt. Diese Klarstellungen bringen Steuerberatern und exportierenden Unternehmen mehr Rechtssicherheit bei der praktischen Umsetzung der Nachweispflichten. Die Neuregelungen basieren auf den wegweisenden EuGH-Urteilen Cartrans Spedition, Vinš und Unitel Sp sowie dem BFH-Urteil vom 12. März 2020. Kerngedanke bleibt: Wenn formelle Nachweisanforderungen nicht erfüllbar sind, können andere geeignete Belege die Steuerbefreiung begründen, sofern die materiellen Voraussetzungen zweifelsfrei belegt werden.
Erweiterte Anerkennung von Ersatzbelegen
Der überarbeitete Umsatzsteuer-Anwendungserlass definiert nun präziser, wann Ausfuhrnachweise ohne Bestätigung der Grenzzollstelle anerkannt werden. Drei zentrale Fallgruppen erhalten besondere Aufmerksamkeit:
Unmöglichkeit der Zollbestätigung: Bei Gegenständen, für die strukturell keine Zollbestätigung möglich ist, werden alternative Nachweismittel grundsätzlich akzeptiert. Dies betrifft beispielsweise digitale Güter oder bestimmte Serviceleistungen.
Diplomatische und militärische Transporte: Ausfuhren durch das Auswärtige Amt, die Bundeswehr oder Stationierungstruppen erhalten erleichterte Nachweisverfahren. Hier können interne Bescheinigungen die herkömmlichen Zollvermerke ersetzen.
Flughafenverkäufe: Besonders praxisrelevant sind die Neuregelungen für Verkäufe in Sicherheits- und Transitbereichen deutscher Flughäfen. Bei Einzelwaren bis 1.000 Euro Nettopreis gelten vereinfachte Verfahren, auch bei höheren Beträgen wird Flexibilität gewährt, wenn die Zollverwaltung nicht vor Ort präsent ist.
Konkrete Ersatzbelege und deren Anerkennung
Das BMF listet explizit anerkannte Ersatzbelege auf, die Steuerberater ihren Mandanten empfehlen können:
Bescheinigungen des Auswärtigen Amts oder diplomatischer Vertretungen im Bestimmungsland bieten höchste Rechtssicherheit. Allerdings können deutsche Auslandsvertretungen keine Ausfuhrbescheinigungen für Kraftfahrzeuge ausstellen - hier sind weiterhin traditionelle Nachweise erforderlich.
Bundeswehr-Bescheinigungen einschließlich ausländischer Truppenstandorte werden vollumfänglich anerkannt. Dies erleichtert die Abwicklung von Rüstungs- und Ausrüstungsexporten erheblich.
Verzollungsbelege ausländischer Zollstellen oder deren beglaubigte Kopien stellen praktikable Alternativen dar. Bei englischsprachigen Belegen kann im Einzelfall auf amtliche Übersetzungen verzichtet werden.
Sprachliche Anforderungen und Übersetzungspflichten
Fremdsprachige Nachweise erfordern grundsätzlich amtlich anerkannte Übersetzungen. Das BMF gewährt jedoch Ausnahmen für englischsprachige Einfuhrverzollungsbelege aus Drittländern, wenn deren Inhalt eindeutig nachvollziehbar ist. Zahlungsnachweise oder Rechnungen allein reichen weiterhin nicht als Ausfuhrnachweise aus. Diese Klarstellung verhindert Missverständnisse und betont die Notwendigkeit tatsächlicher Ausfuhrbelege.
Übergangsregelungen und praktische Anwendung
Für alle nach Veröffentlichung ausgeführten Umsätze gelten die neuen Grundsätze unmittelbar. Eine wichtige Übergangsregelung schützt jedoch Unternehmen bei Altfällen: Umsätze vor dem 1. Januar 2026 werden nicht beanstandet, wenn Unternehmer sich auf Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der formellen Vorgaben berufen und alternative Nachweise zweifelsfrei erbracht haben. Diese Regelung bietet rückwirkenden Schutz für bereits abgewickelte Exportgeschäfte und verhindert nachträgliche Steuerrisiken bei gutgläubigen Unternehmen.
Empfehlungen für die Beratungspraxis
Steuerberater sollten ihre exportierenden Mandanten über die erweiterten Nachweismöglichkeiten informieren und interne Prozesse entsprechend anpassen. Besonders bei regelmäßigen Exporten in bestimmte Länder oder über spezielle Kanäle können standardisierte Verfahren entwickelt werden. Die Dokumentation wird wichtiger denn je: Unternehmen sollten systematisch sammeln, warum herkömmliche Nachweise nicht möglich waren und welche Alternativen verwendet wurden. Diese Begründung kann bei späteren Betriebsprüfungen entscheidend sein. Bei Unsicherheiten empfiehlt sich die frühzeitige Abstimmung mit der Finanzverwaltung. Die neuen Regelungen bieten zwar mehr Flexibilität, erfordern aber auch sorgfältige Einzelfallprüfung der gewählten Nachweismittel.
Mehr Rechtssicherheit bei Ausfuhren
Die BMF-Konkretisierung schafft erheblich mehr Planungssicherheit für exportierende Unternehmen. Durch die systematische Auflistung anerkannter Ersatzbelege können Steuerberater ihren Mandanten praxistaugliche Lösungen anbieten, ohne das Risiko nachträglicher Steuerforderungen einzugehen.