Finanzelite im Wandel: Steht Grant Thornton vor der PE-Übernahme?

19.05.2025
19.05.2025
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Das Prüfungshaus könnte bald neue Eigentümerstrukturen bekommen - mit weitreichenden Folgen für den Beratungsmarkt.

Strategische Neuausrichtung mit Bankenpower

Die Würfel sind gefallen: Nach vertraulichen Insider-Informationen hat Grant Thornton den Rubikon überschritten und die Elite-Investmentbank Perella Weinberg Partners engagiert, um Verkaufsoptionen auszuloten. Was bislang als Branchengerücht kursierte, nimmt nun konkrete Formen an – die Next-Six-Gesellschaft könnte dem Beispiel von WTS folgen, wo EQT kürzlich die Tür zum Private-Equity-Universum aufstieß.

Auf direkte Konfrontation reagiert das Management diplomatisch: "Ein strukturierter Prozess zur Zukunftssicherung" sei Ende 2024 initiiert worden, heißt es aus der Firmenzentrale. Welche Richtung dieser Prozess nehmen wird und wann mit Entscheidungen zu rechnen ist, bleibt vorerst im Dunkeln. Die mandatierte Investmentbank verbarrikadiert sich hinter einer Mauer des Schweigens.

Globales Puzzle mit PE-Teilen

Der Frankfurter Gesellschaft eilt ihr Ruf voraus: Mit einem beeindruckenden Umsatzplus von 18 Prozent im letzten Geschäftsjahr – eine Steigerung von vier Prozentpunkten gegenüber der Vorperiode – hat sich Grant Thornton als Wachstumsstar positioniert. Der selbstdefinierte Anspruch, die Distanz zum Big-Four-Olymp zu verringern, verlangt jedoch nach frischem Kapital und strategischer Expertise.

Im internationalen Verbund zeichnet sich längst ein Paradigmenwechsel ab: Die US-Zentrale operiert bereits unter dem Dach eines Konsortiums um New Mountain Capital und expandierte durch Übernahmen der Dependancen in Irland, den Emiraten und auf den Kaiman-Inseln. Verhandlungen mit den Niederlanden laufen. In Großbritannien zog mit Cinven ein anderer PE-Akteur die Fäden, während auch die indische Organisation mit Investorenmodellen liebäugelt.

Regulatorischer Spagat, verlockende Renditen

Der Drahtseilakt zwischen regulatorischen Hürden und finanziellen Anreizen gestaltet sich diffizil: Während das Fremdbesitzverbot zunächst ein kategorisches Hindernis darstellt, ebnen kreative Konstrukte wie verschachtelte Beteiligungsstrukturen oder internationale Holdings den Weg für Kapitalgeber.

Was treibt die Investoren in diese regulierte Nische? Die Antwort liegt in den erstklassigen Margen und dem enormen Konsolidierungspotenzial. Der fragmentierte Mittelstand des Prüfungswesens steht vor einem demografischen Umbruch – zahllose Inhabermodelle suchen nach zeitgemäßen Nachfolgelösungen. Die größte Herausforderung für potenzielle Investoren bleibt jedoch das Humankapital: Anders als bei klassischen Beteiligungen spazieren die wertvollsten Assets täglich durch die Eingangstür – und könnten ebenso schnell wieder hinausgehen.

Marktdynamik im Umbruch

Der potenzielle Einstieg eines Finanzinvestors bei Grant Thornton markiert nicht weniger als einen Kulturwandel im konservativen Prüfungsmarkt. Was früher undenkbar schien, entwickelt sich zum strategischen Imperativ: Die traditionelle Partnerschaft transformiert sich zum kapitalmarktorientierten Geschäftsmodell.

Die Transaktion würde eine neue Epoche einläuten – mit weitreichenden Folgen für Wettbewerber, Talentmarkt und Dienstleistungsportfolio. Während klassische WP-Gesellschaften noch an ihren etablierten Strukturen festhalten, könnte Grant Thornton mit External-Equity-Unterstützung die Spielregeln neu definieren und die Marktdynamik nachhaltig verändern.