Authentizität im Recruiting: Fluch oder Segen?
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Die Rekrutierungslandschaft in der Steuerberatungsbranche erlebt eine Zeitenwende. Traditionelle Wege der Personalbeschaffung weichen zunehmend einer neuen Methode: dem Recruiting durch die eigenen Mitarbeiter. Diese nutzen ihre privaten und beruflichen Netzwerke sowie individuelle Social-Media-Beiträge, um neue Talente zu gewinnen. Diese Entwicklung verschiebt die Rolle des Recruitings von professionellen HR-Abteilungen und Headhuntern hin zu den Mitarbeitern selbst, wobei Authentizität als Schlüsselattribut und gleichzeitig als potenzielle Schwachstelle fungiert.
Die Doppelgesichtigkeit der Authentizität
Die Einbindung eigener Mitarbeiter in den Rekrutierungsprozess birgt den Vorteil der Authentizität: Niemand kann glaubwürdiger und leidenschaftlicher über seine Arbeit und sein Unternehmen sprechen als diejenigen, die dort beschäftigt sind. Diese Glaubwürdigkeit erhöht die Chance, passende Kandidaten anzusprechen und für das Unternehmen zu gewinnen. Doch die Authentizität bringt auch Herausforderungen mit sich. Die persönliche Natur des Netzwerk-Recruitings kann zu einer Verzerrung durch persönliche Vorlieben und Vorurteile führen und damit die Objektivität und sachliche Verbindlichkeit, die klassische Stellenanzeigen bieten, untergraben.
Auswirkungen auf Diversität und Objektivität
Ein wesentliches Problem des Netzwerk-Recruitings ist die potenzielle Gefährdung der Diversität innerhalb von Unternehmen. Menschen neigen dazu, sich mit ähnlichen Personen zu vernetzen, was die Gefahr birgt, dass sich bestehende Muster der Homogenität verstärken, anstatt sie aufzubrechen. Dies könnte dem Ziel, die Vielfalt in der Belegschaft zu fördern, entgegenwirken. Zudem besteht die Gefahr, dass die Rekrutierung durch persönliche Netzwerke die Transparenz und Chancengleichheit, die das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) anstrebt, untergräbt.
Die Rolle des Corporate Influencers
Mitarbeiter, die als Corporate Influencer agieren, können zwar das Unternehmensimage positiv beeinflussen und authentische Einblicke gewähren, doch ihre Posts in sozialen Medien spiegeln oft eine selektive und geschönte Darstellung wider. Diese Beiträge dienen nicht nur dem Zweck der Personalgewinnung, sondern auch dem persönlichen Branding und der Karriereförderung des Mitarbeiters. Damit bleibt kritische Reflexion oft auf der Strecke.
Fazit: Ein zweischneidiges Schwert
Die Verschiebung hin zum Recruiting durch eigene Mitarbeiter bietet sowohl Chancen als auch Risiken. Während Authentizität und direkte Ansprache potenzielle Kandidaten effektiv erreichen können, müssen Unternehmen wachsam sein, um die Integrität des Rekrutierungsprozesses zu wahren und Diversität sowie Objektivität nicht zu gefährden. Die Herausforderung besteht darin, die Vorteile dieser Methode zu nutzen, ohne ihre Nachteile zu ignorieren. Letztendlich ist ein ausgewogener Ansatz erforderlich, der sowohl professionelle als auch persönliche Netzwerke einbindet, um die bestmöglichen Talente für das Unternehmen zu gewinnen.