Salesforce und die KI-Agenten: Neue Ära oder überzogene Erwartungen?

Der Börsenwert von Salesforce steigt dank des KI-Booms wieder, doch die Frage bleibt: Kann der Cloud-Spezialist die hochgesteckten Erwartungen an seine Agentforce-Plattform wirklich erfüllen?
Salesforce setzt alles auf „Agentforce“
Salesforce, ein Schwergewicht in der Tech-Branche, hat mit der Vorstellung seiner KI-Agenten-Plattform „Agentforce“ für Aufsehen gesorgt. Die Programme, die komplexe Aufgaben durch künstliche Intelligenz automatisieren, sollen laut Gründer Marc Benioff die Arbeitswelt revolutionieren. Benioff bezeichnet die neue Plattform als „revolutionäre Transformation“ und sieht darin das nächste große Kapitel für Salesforce.
Die Euphorie an der Spitze des Unternehmens ist unübersehbar. „Ohne Zweifel ist dies die aufregendste Zeit in meiner Karriere“, erklärte Benioff jüngst. Doch nicht nur innerhalb des Konzerns, auch bei Anlegern sorgt die KI-Offensive für Optimismus: Nach einem Kurseinbruch im Mai verzeichnete die Aktie seit der Vorstellung von Agentforce ein Plus von mehr als 50 Prozent und erreichte Anfang Dezember ein Rekordhoch von 369 Dollar.
Der Konzern: Salesforce baut auf technische Grundlagen
Die Entwicklung der Agentforce-Technologie basiert auf jahrelanger Arbeit an der Plattform. Salesforce hat ein einheitliches Datenmodell geschaffen, das intelligente Schlussfolgerungen ermöglicht, sowie eine benutzerfreundliche Oberfläche, die den Einsatz der Agenten ohne Programmierkenntnisse erlaubt. Diese technologischen Grundlagen sollen Unternehmen ermöglichen, KI-Agenten als digitale „Mitarbeiter“ zu nutzen, die Daten analysieren, Entscheidungen treffen und Routineaufgaben erledigen.
Trotz der vielversprechenden Perspektive bleiben Herausforderungen. Die Monetarisierung des neuen Systems ist ambitioniert: Pro Interaktion mit einem Agenten werden zwei Dollar berechnet. Für größere Unternehmen könnten diese Kosten schnell hoch ausfallen – eine Hürde, die Salesforce noch überwinden muss, um den Massenmarkt zu erobern.
Die Kunden: Effizienzsteigerung im Fokus
Unternehmen wie der Chemikalienhändler Brenntag testen die Plattform bereits. Ziel ist es, durch Automatisierung von Routineaufgaben Effizienzgewinne zu erzielen. KI-Agenten analysieren etwa Produktinformationen oder formulieren E-Mails vor. Die Technologiechefin von Brenntag, Michelle Wu, hofft, dass die Bearbeitungszeit pro Kundenanfrage um bis zu 25 Prozent gesenkt werden kann.
Auch der Flughafen London-Heathrow setzt die KI-Agenten ein, um Passagieren Echtzeitinformationen zu Flügen oder Gepäck zu liefern. Neben Brenntag und Heathrow zählen auch Großunternehmen wie IBM, FedEx und Accenture zu den ersten Kunden von Agentforce.
Die Börse: Wachstumsprognosen und Herausforderungen
Salesforce hob seine Umsatz- und Margenziele für das laufende Geschäftsjahr an. Analysten loben die Agentforce-Plattform als potenziellen Wachstumstreiber. Dan Ives vom Finanzhaus Wedbush sieht in den KI-Agenten einen „enormen Wachstumskatalysator“ und hob sein Kursziel auf 425 Dollar an. Doch nicht alle Bereiche des Unternehmens profitieren vom Fokus auf die KI. So verzeichnet das klassische Cloud-Geschäft eine deutliche Wachstumsverlangsamung.
Fazit: Revolution oder Hype?
Die Erwartungen an Salesforce und seine Agentforce-Plattform sind hoch. Wenn es gelingt, die Effizienzversprechen in den verschiedenen Branchen zu erfüllen, könnte Salesforce eine Vorreiterrolle in der nächsten Phase der KI-Entwicklung einnehmen. Doch die hohen Kosten der Technologie und die Herausforderungen bei der Skalierung bleiben zentrale Risiken. Marc Benioff bleibt optimistisch: „Solange wir fokussiert bleiben, unseren Pioniergeistbewahren und an unseren Werten festhalten, werden wir erfolgreich sein.“ Ob das genug ist, wird sich zeigen.