EU-Kommission treibt digitale Personenkennziffer voran – trotz Widerstand

Die geplante europäische elektronische Identität (EUid) sorgt weiter für Kontroversen. Bürgerrechtsorganisationen schlagen Alarm: Trotz politischer Einigung gegen eine lebenslange Personenkennziffer will die EU-Kommission dieses Konzept durch die Hintertür einführen.
Identitätsabgleich als Einfallstor für eine permanente Kennung?
Die eIDAS-Verordnung sieht vor, dass Mitgliedstaaten einen eindeutigen Identitätsabgleich durchführen, wenn sie grenzübergreifenden Diensten vertrauen. Laut Entwurf der EU-Kommission sollen jedoch nicht nur staatliche Stellen, sondern auch private Unternehmen wie Finanzinstitute auf diesen Abgleich zugreifen dürfen. Besonders die Finanzbranche, darunter Kreditkartenanbieter wie Visa, drängt auf eine solche Erleichterung zur Identitätsverifizierung.
Bürgerrechtler kritisieren diesen Vorstoß scharf. Die österreichische Organisation Epicenter.works spricht von einer "eklatanten Grenzüberschreitung". Der private Sektor sei laut ursprünglicher Verordnung ausdrücklich ausgeschlossen worden. Die Einführung einer zentralisierten Identitätsprüfung mit einer permanenten Kennziffer stehe im Widerspruch zur politischen Übereinkunft. Epicenter.works fordert daher eine sofortige Streichung dieser neuen Bestimmungen.
Datenschutzbedenken: Gefahr einer umfassenden Bürgerüberwachung
Kritiker befürchten, dass die geplante Regelung eine weitreichende Überwachung ermöglicht. Über eine zentrale Personenkennziffer könnten verschiedene Lebensbereiche wie E-Government, Finanztransaktionen, öffentliche Verkehrsmittel und soziale Netzwerke miteinander verknüpft werden. Dies würde Nutzern die Kontrolle über ihre digitalen Identitäten entziehen und umfassende Profilbildungen ermöglichen.
Besondere Sorge bereitet zudem die Aufnahme optionaler Datensätze in den Identitätsabgleich. Falls nicht alle Beteiligten dieselben Daten speichern, könnte dies zu Unsicherheiten in der Identifikation führen und Missbrauch begünstigen.
Unzureichende Transparenz: Wer nutzt die EUid?
Zusammen mit 14 weiteren Bürgerrechtsorganisationen kritisiert Epicenter.works die mangelnde Transparenz der eIDAS-Umsetzung. Das vorgeschriebene öffentliche Register der EUid-Nutzer sei unvollständig, sodass Verbraucher nicht erkennen könnten, welche Unternehmen oder Arbeitgeber Zugriff auf ihre Identitätsdaten haben. Besonders besorgniserregend: Plattformen wie Facebook könnten sich so der Regulierung entziehen und umfangreiche personenbezogene Daten anfordern.
Fazit: Bürgerrechtsorganisationen fordern Nachbesserung
Die aktuellen Entwürfe der EU-Kommission stoßen auf massiven Widerstand. Während Unternehmen auf eine erleichterte Identitätsverifikation drängen, warnen Bürgerrechtsorganisationen vor einem gefährlichen Präzedenzfall. Sie fordern eine klare Abgrenzung zwischen staatlicher Identitätsprüfung und wirtschaftlicher Nutzung sowie eine vollständige Transparenz über die Verwendung der EUid. Ob die Bedenken Gehör finden oder die EU-Kommission ihren Kurs fortsetzt, bleibt abzuwarten.