EZB 2025: Zwischen Zinssenkungen und wirtschaftlicher Unsicherheit

Die Europäische Zentralbank steht vor einer Gratwanderung: Neue Inflationsdaten und geopolitische Risiken erfordern ein sensibles Vorgehen bei den geldpolitischen Entscheidungen.
Neue Inflationsdaten und erste Zinssenkungen
Die Europäische Zentralbank (EZB) plant nach drei bereits erfolgten Zinssenkungen eine weitere Reduzierung um 0,25 Prozentpunkte. Neue Inflationsdaten aus Deutschland und dem Euro-Raum unterstützen diesen Kurs. Die Verbraucherpreise in Deutschland stiegen im November um 2,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr, was allerdings auf den Basiseffekt der niedrigen Energiepreise im November 2023 zurückzuführen ist. Kurzfristig fiel die Teuerungsrate im Monatsvergleich sogar um 0,2 Prozent.
Die Reaktionen auf diese Zahlen fallen unterschiedlich aus. Während Deutsche-Bank-Analyst Sebastian Becker von einer Entspannung für Verbraucher spricht, mahnt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank, zur Vorsicht. Er betont, dass weitere Zinssenkungen nur bei einem klaren Rückgang der Inflationsraten gerechtfertigt seien.
Uneinigkeit im EZB-Rat
Im EZB-Rat zeigen sich deutliche Meinungsverschiedenheiten über das Tempo und das Ausmaß der Zinssenkungen. Während EZB-Chefvolkswirt Philip Lane für eine weitere Lockerung plädiert, warnt Isabel Schnabel vor den Risiken eines übermäßigen Abbaus des restriktiven Zinsniveaus. Besonders umstritten ist das sogenannte neutrale Zinsniveau, bei dem die Wirtschaft weder gebremst noch stimuliert wird. Während Schnabel dieses zwischen zwei und drei Prozent sieht, schätzen andere Ratsmitglieder es deutlich niedriger ein.
Schwache Konjunktur in den Kernländern
Die schwächelnde Wirtschaft in Deutschland und Frankreich verstärkt den Handlungsdruck auf die EZB. In Deutschland zeigen der Ifo-Geschäftsklimaindex und der Einkaufsmanagerindex deutliche Rückgänge, während Frankreich unter politischer Instabilität leidet. Die Regierung von Premierminister Michel Barnier steht wegen geplanter Sparmaßnahmen stark unter Druck, was zu Unsicherheiten auf den Finanzmärkten geführt hat.
Externe Risiken: Handelskonflikte und politische Unsicherheiten
Neben internen Herausforderungen erhöhen externe Faktoren wie die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, neue Zölle gegen wichtige Handelspartner zu erheben, die Unsicherheiten. EZB-Präsidentin Christine Lagarde warnte jüngst vor den potenziellen Schäden eines Handelskriegs und betonte die Notwendigkeit einer diplomatischen Lösung.
Ausblick: Eine schwierige Balance
Die EZB muss in den kommenden Monaten eine delikate Balance finden. Während der Kapitalmarkt von weiteren Zinssenkungen ausgeht, bleibt die Unsicherheit groß, wie schnell die Geldpolitik gelockert werden kann, ohne die Preisstabilität zu gefährden. Entscheidungen werden nicht nur durch wirtschaftliche Indikatoren, sondern auch durch geopolitische Entwicklungen beeinflusst, was den Spielraum für die Währungshüter weiter einschränkt.
Die anstehende EZB-Sitzung im Dezember dürfte richtungsweisend sein, insbesondere mit Blick auf die neuen Prognosen zur wirtschaftlichen Entwicklung bis 2027.