Komplexe Eigentümerstrukturen und internationale Add-on-Strategien prägen den Wettbewerb um die deutsche Beratungsgesellschaft.
Die Financial Times berichtet über Übernahmeverhandlungen zwischen Grant Thornton US, UK und der deutschen Landesgesellschaft. Diese Entwicklung intensiviert den bereits Ende 2024 initiierten M&A-Prozess, bei dem Perella Weinberg Partners als Lead-Advisor fungiert. Der strategische Review erfolgt vor dem Hintergrund zunehmender Konsolidierung im Beratungsmarkt, wobei die deutschen Aktivitäten mit 249 Millionen Euro Umsatz als attraktive Add-on-Akquisition positioniert sind.
Trotz der scheinbar strategischen Natur potentieller Bieter agieren beide interessierten Parteien unter Private Equity-Kontrolle. Grant Thornton USA gehört seit Mai 2024 einem New Mountain Capital Partners-Konsortium, während Cinven seit November die britische Einheit mehrheitlich kontrolliert. Diese Eigentümerstrukturen transformieren vermeintlich strategische Transaktionen in PE-gesteuerte Konsolidierungsmaßnahmen, bei denen Synergieeffekte und Skalierungsvorteile im Vordergrund stehen.
Grant Thornton USA verfolgt eine systematische Buy-and-Build-Strategie mit bereits integrierten Landesgesellschaften in UAE, Cayman Islands, Luxemburg, Schweiz und Niederlanden. Spanien und Indien befinden sich in fortgeschrittenen Verkaufsgesprächen. Diese Akquisitionswelle zielt auf die Schaffung eines globalen Full-Service-Netzwerks ab, das amerikanischen Konzernen internationale Beratungsdienstleistungen aus einer Hand anbieten kann.
Eine Übernahme durch die US-Einheit (3,6 Milliarden USD Umsatz) böte der deutschen Gesellschaft Zugang zum amerikanischen Markt und umfangreiche Ressourcen für organisches Wachstum. Die Größendiskrepanz - die US-Einheit ist zwölfmal größer - würde jedoch eine erhebliche Subordination bedeuten.
Grant Thornton UK (724 Millionen GBP Umsatz) präsentiert ein ausgewogeneres Größenverhältnis mit lediglich dreifachem Umsatzvolumen. Diese Konstellation ermöglichte gleichberechtigtere Partnerschaft bei gleichzeitigem Zugang zu britischen und Commonwealth-Märkten.
Der Bieterwettbewerb reflektiert die zunehmende Professionalisierung des Beratungsmarkts unter Private Equity-Einfluss. Beide Szenarien würden Grant Thornton Deutschland in internationale Plattformen mit erheblichen Cross-Selling-Potentialen integrieren. Für die Transaktionsbewertung sind neben Umsatzmultiplen insbesondere Synergieeffekte, kulturelle Integration und langfristige Wachstumsstrategien entscheidend. Die Private Equity-Backing beider Bieter deutet auf professionelle Due Diligence-Prozesse und strukturierte Post-Merger-Integration hin.
Diese Transaktion illustriert den anhaltenden Konsolidierungsdruck im Professional Services-Bereich, wo Private Equity-Investoren durch Buy-and-Build-Strategien Marktführerschaft anstreben. Für deutsche Beratungshäuser werden internationale Partnerschaften zunehmend existenziell, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können.